Resolution zur Schulpolitik

Resolution zur Schulpolitik
Jana Akyildiz (OV Rielasingen-Worblingen) und Till Seiler (FGL Konstanz)

Jana Akyildiz (OV Rielasingen-Worblingen) und Till Seiler (FGL Konstanz) haben folgende Resolution zur Schulpolitik erarbeitet. Diese wurde von der KMV von Bündnis 90/Die Grünen des KV Konstanz am 20. April ohne Gegenstimme verabschiedet.

Der Kreisverband Konstanz von Bündnis 90/Die Grünen

möchte die Schulpolitik als zentrales landespolitisches Thema stärker in den Fokus der Landespartei rücken und fordert verstärkte Aktivitäten insbesondere bezüglich der folgenden Aspekte:

Qualitätsentwicklung auf Basis einer klaren Schulstruktur!

Die 2011 begonnene Etablierung der Gemeinschaftsschule als neue Schulform, die mit der Zielsetzung der Chancengleichheit längeres gemeinsames Lernen ermöglicht, wird derzeit nicht mit dem nötigen Rückhalt der Landespolitik fortgeführt. An vielen Standorten kann die Gemeinschaftsschule in unmittelbarer Konkurrenz zu Gymnasien und Realschulen den Anspruch des gemeinsamen Lernens unterschiedlicher Begabungen nicht einlösen. Kultusministerin Susanne Eisenmann scheint dieses Problem zu ignorieren und äußert sich ausführlich zu möglichen Schließungen von Gemeinschaftsschulen (zuletzt im Interview mit dem Südkurier vom 10. April). Gleichzeitig behauptet sie im Widerspruch dazu bezüglich der Schulstruktur „Die Entwicklung ist solide und stabil.“ (ebd.). Wir fordern einen weiteren Ausbau der Gemeinschaftsschule als zweite Säule neben dem Gymnasium im Bereich der weiterführenden Schulen. Hierzu heißt es in unserem Wahlprogramm zur Landtagswahl 2016: „In der anderen Säule entwickeln sich die Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen zu integrativen Schulen“. Mit der Einführung der Möglichkeit, an der Realschule den Hauptschulabschluss zu erwerben, hat es unter dem ehemaligen Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bereits einen wichtigen Schritt in diese Richtung gegeben. Leider entwickeln sich Realschule und Gemeinschaftsschule unter Susanne Eisenmann wieder auseinander. Wir halten an der Zielsetzung aus unserem Wahlprogramm fest und wenden uns entschieden gegen die Politik der Ministerin, das Schulsystem weiter zu zersplittern und die Gemeinschaftsschulen in einen ruinösen Wettbewerb zu treiben. Wir können auf Positivbeispiele aus unserem Landkreis verweisen: In Konstanz ist die Gemeinschaftsschule Gebhard die Schule mit der landesweit höchsten Nachfrage und wird in den nächsten Jahren eine Oberstufe bis zum Abitur etablieren. In Steißlingen und Rielasingen-Worblingen haben sich zwei Gemeinschaftsschulen zu anerkannten weiterführenden Schulen vor Ort entwickelt, die nicht in unmittelbarer Konkurrenz zu einer Realschule stehen. Diese Beispiele zeigen: Wenn die Strukturen stimmen, können Gemeinschaftsschulen erfolgreich arbeiten. Daher fordern wie die Etablierung des Zwei-Säulen-Modells nach dem Vorbild anderer Bundesländer wie zum Beispiel Schleswig-Holstein. Nur auf Basis einer klaren Schulstruktur können die jetzt angedachten Prozesse der Qualitätsentwicklung erfolgreich verlaufen!

Lehrermangel an den Grundschulen nachhaltig beheben!

Derzeit werden zahlreiche Maßnahmen entwickelt, um den Lehrermangel an den Grundschulen abzumildern. Dazu gehört zum Beispiel eine sogenannte „Einstellungsgarantie“ im gymnasialen Lehramt für Gymnasiallehrkräfte nach dem Referendariat, die sich bereit erklären, für mindestens drei Jahre an einer Grundschule zu arbeiten. Wir fordern neben diesen kurzfristigen Maßnahmen ein generelles Umdenken, das die Grundschulen nachhaltig stärkt. Hierzu müssen die Zahl der Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen erhöht und die Studiendauer auf zehn Semester verlängert und damit der Dauer anderer Lehramts-studiengänge angepasst werden. Erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse belegen längst die Bedeutung der 2 frühen Schuljahre für die Entwicklung der Kinder. Daraus folgt dann auch, dass Grundschullehrkräfte ebenso wie Lehrkräfte an weiterführenden Schulen in die Besoldungsstufe A13 eingruppiert werden müssen (bisher A12) und Grundschul-Rektor*innen im Einklang zu ihrer hohen pädagogischen Verantwortung besser zu bezahlen sind. Im Zusammenhang mit dem Lehrer-Mangel werden zunehmend auch Seiteneinsteiger*innen als Lehrkräfte eingesetzt. Hier fordern wir, dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Keinesfalls ist akzeptabel, dass Lehrkräfte mehrere Schuljahre hintereinander befristet beschäftigt werden und sich jeweils in den Sommerferien arbeitslos melden müssen.

Bedingungen für erfolgreiche Inklusion verbessern!

Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf schulische Inklusion enthält, ist richtig und wichtig. Allerdings müssen die allgemeinbildenden Schulen hierfür ausreichend Ressourcen erhalten. Dabei muss ein Zwei-Pädagogen-Prinzip dergestalt sichergestellt werden, dass in Klassen mit Inklusionsschüler*innen neben der regulären Lehrkraft auch eine sonderpädagogisch ausgebildete Person eingesetzt wird. Derzeit trägt die Gemeinschaftsschule die Hauptlast der Inklusion: Dort haben 4 % der Schüler*innen einen sonder-pädagogischen Förderbedarf, an Realschulen sind es 0,2 % und an Gymnasien nur 0,01%.

Anrechnungsstunden für pädagogische Aufgaben gewähren!

In den letzten Jahren wurde das sogenannte „Entlastungskontingent“ immer weiter reduziert, das es ermöglicht, Anrechnungsstunden für Lehrkräfte zu gewähren, die bestimmte Aufgaben an den Schulen übernehmen. Dies wurde damit begründet, dass hier angeblich Ressourcen „versickern“ und dem Unterricht nicht zu Gute kommen. Dies ist jedoch ein Irrtum! So ermöglicht etwa die aufwendige Betreuung naturwissenschaftlicher Sammlungen, die aus dem Entlastungskontingent finanziert wird, die Durchführung eines interessanten experimentalen Unterrichts. Auch wichtige pädagogische Aufgaben müssen durch Entlastungsstunden gestärkt werden, dies gilt etwa für beauftragte Lehrkräfte in den Bereichen Prävention, Verkehrserziehung oder Kultur. Die von Susanne Eisenmann gegenüber dem Südkurier angekündigte Untersuchung des Landesrechnungshofs (eine Institution mit begrenzter pädagogischer Expertise) lässt befürchten, dass hier im Sinne eines fehlgeleiteten Effizienzdenkens weiter gespart wird.

Ethik-Unterricht und Islam-Unterricht in staatlicher Verantwortung ausbauen!

Bisher findet Ethik-Unterricht in Baden-Württemberg als Alternative zum Religionsunterricht nur an den weiterführenden Schulen ab Klasse 7 bzw. 8 statt. Im Sinne der Stärkung einer fundierten Diskussion gesellschaftlicher Werte und Normen an unseren Schulen können wir nicht weiter abwarten, bis unsere Forderung nach Einführung des Ethik-Unterrichts ab dem ersten Schuljahr endlich angegangen wird. Dies wurde bereits nach dem Regierungswechsel 2011 versprochen und im Koalitionsvertrag 2016 bekräftigt, der zumindest eine „schrittweise“ Ausweitung des Ethik-Unterrichts avisiert. Nichts ist bisher passiert! Es ist ein Skandal, dass das Land indirekt dadurch Geld spart, dass der Anteil der konfessionsgebunden Schüler*innen immer weiter abnimmt, so dass sich die Zahl der Schüler*innen vergrößert, die während des regulären Unterrichts in evangelischer und katholischer Religionslehre Freistunden haben, wobei die Schulen ohne Ressourcen hierfür eine Aufsicht organisieren müssen. Wir unterstützen den Ausbau des Islam-Unterrichts in staatlicher Verantwortung.

Grüne Schulpolitik diskutieren!

Wir fordern das Thema Schulpolitik auf die Agenda einer Landes-Delegiertenkonferenz (LDK) zu setzen. Bei der LDK in Heidenheim (Dezember 2017) wurde Bildungspolitik unter „Verschiedenes“ diskutiert. Dabei wurde zwar ein hoher Diskussionsbedarf deutlich, allerdings war der zeitliche Rahmen für eine angemessenen Austausch der Positionen viel zu knapp. Das Thema muss also als eigener Tagesordnungspunkt behandelt werden.
Diese Resolution richtet sich auch an die Landes- und Fraktionsführung von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg. Wir wünschen eine Stellungnahme zu den angesprochenen Punkten.

Jana Akyildiz und Till Seiler „Der Kuschelkurs mit dem Bildungsministerium muss ein Ende haben“